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Ob er das darf?

Blog 43, 2. Juli 2009

Simone hatte – der Ausdruck ist ja so charmant –‹a crush on him›.Bei ‹him› handelt es sich um Marco Mancuso, einen Demi-Parmigiano mit hellgrünen Augen und grossen braunen Locken, die sein schmal geschnittenes Gesicht im waxlosen Pflegefall optimal umrahmen. Wer an ihm Details bemängelt, will wohl seinen Geist, (der Mann übt den Arztberuf aus), seinen kräftigen Körperbau und die vollen Lippen preisen, aber das Fehlen von Witz, die allseits intensive Körperbehaarung und die etwas zu vernachlässigten Bisswerkzeuge bedauern.

Simone hat sich darob nur zeitweise stören mögen; meist war sie, wie bemerkt, durchwegs entzückt ob ihm, der sich zudem – auf so tschinggenuntypische Weise – scheu, ja fast schon verklemmt gab im gemeinsamen Umgang. Als sie ihn an einem wundersam warmen Frühlingstag nach einem leicht alkoholischen Getränk ‹auf dem Kies› auf dem leeren Helvetiaplatz umschlungen und geküsst hatte, schien er gar ein wenig erschrocken.

Simone befleissigte sich noch ein Momentchen und verbalisierte zu einem gegebenen Zeitpunkt die leisen Empfindungen, die sie zu verspüren glaubte. Monsignore Mancuso bedauerte sehr, diese im Moment zumindest nicht im geforderten Sinne erwidern zu können. So gab Simone das Werben auf und verhielt sich fortan kühler und unzugänglicher.

Dessen ungeachtet sah man sich weiterhin ab und an, wohl auch in Ermangelung von etwas anderem oder zumindest besserem. Auch das mit dem Schnäbeln liess Simone fortan tunlichst bleiben und Marco schien es nicht zu vermissen. So wendete Simone ihre Aufmerksamkeit zwischenzeitlich anderen Herren zu, worob Marco etwas in Vergessenheit geriet.

Nun wollte es das Schicksal, dass Simone und ihre Hausbewohnerin Sonja eine kleine Festivität im trauten Heime planten, zu der ebenfalls geladene Marco auch erschien.

Simone hatte sich in dieser Nacht um andere mehr zu kümmern und Marco schien etwas verloren in der grossen Runde. Sonja sah sich deshalb genötigt, sich der Verlegenheit des gutaussehenden jungen Mannes anzunehmen, indem sie ihn, wie es ihrer Art entspricht, gehörig anstachelte, um ihn zum Leben zu erwecken. Dies schien Marco zu gefallen, liess er sich doch gern herausfordern und versuchte, aus sich heraus ähnliche Sprachspiele zu generieren und Sonja zu weiteren ähnlichen Aktivitäten zu verführen.

Gleich am nächsten Morgen fügte Marco Sonja zu seinen Gesichtsbuchfreunden hinzu. Ein durchaus reger Mailverkehr nahm seinen Anfang. Marco entsprach Sonjas Vorstellungen eines potenziellen Bräutigams zwar nicht, mit anmutigen Briefchen bedacht und nach seinem Befinden befragt zu werden, war jedoch annehmlich.Weil Sonja darauf bald für ein ihr geeigneter scheinendes Wesen entflammte, dünnte der Verkehr zwischen den beiden stetig aus.

Darüber war Simone nicht traurig, empfand sie doch Marcos Scharren an den Toren ihrer Freundin leicht befremdlich, wenn es ihr auch fern lag, sich zwischen ein sich gegebenenfalls anbahnendes Glück zu zwängen.

Wenige Monate später hatte sich zwischen Marco und Simone ein neuen Faden gespannt. Da Simone sich aber der vorsichtigen Zurückweisung Marcos noch immer lebendig bewusst war, wusste sie selbst nicht, wie gross ihr Verlangen wirklich war, sich in seine Augen zu versenken und sie sagte sich, umso froher zu sein, einen Freund gefunden zu haben, mit dem sich angenehme Stunden verbringen liessen.

Marco verkehrt infolge seiner beruflichen Tätigkeit bei einer privaten Klinik an einem waldigen Hügel mit einem Klientel, das als recht gut situiert bezeichnet werden darf. Als er eines Mittwochabends zu einer kleinen Gartenfeier geladen wurde, fragte er Simone, ob sie ihn begleiten möge. Diese sagte sogleich zu, da ihr das Anwesen, in dem die Feierlichkeit stattfinden würde, von Namen her bekannt war.

Was niemand zum Vornhinein wusste: An diesem Abend würde Stella ebenfalls zugegen sein, eine enge Vertraute Simones. Was das ein freudiges Aufeinandertreffen der beiden jungen Damen! Marco und Stella waren sich an besagtem Fest bereits kurz begegnet und schienen deshalb ebenfalls bereits vertraut. Nur wenige Worte wechselten die beiden aber an diesem Abend, an dem sich Marco rührend um Simone kümmerte.

Wenige Tage später erfuhr Simone, dass Marco Stella am Morgen des Donnerstags bereits auf dem Gesichtsbuch aufgesucht und ihr eine Notiz geschrieben hatte. Da erinnerte sie sich auch, wie Marco sie, die zu diesem Zeitpunkt keinerlei Bedenken gehegt hatte, ganz unauffällig, als hätte er es bereits gewusst, aber wieder vergessen, nach Stellas Familiennamen gefragt hatte.

Stella fühlte aber ihrerseits kein vertieftes Interesse am jungen Ingenieurssohn, wenn ihr auch seine flattierenden Annäherungen insgesamt nicht ungelegen waren.

Simone aber wunderte sich ob Marco. Sonja und Stella waren so unterschiedlich wie die Tag- und Nachtgestirne! Wie konnte er sich, in Aufeinanderfolge zumindest, für beide begeistern? Anstatt damit sich selbst nur zu löchern, setzte sich Simone hin und fragte ihn dasselbe geradeheraus in einem getippten Zettel. Gleichzeitig fügte sie, wie es ihr sinnvoll erschien, an, dass ihr ‹hortus› wohl ein ‹locus amoenus› sei, sie diesen aber für ihn ‹conclusus› sehe, da sie sich weder als Schleuse sehe noch, zumal ungefragt, als solche zu betätigen gedenke.

Daraufhin versiegten die Worte zwischen Marco und Simone. Und zwischen Marco und Sonja. Und zwischen Marco und Stella.

End of the Story: Ein offenbar desperater, suchender, frauenscharfer, wahlloser, gut situierter, bestens aussehender Typ ist auf dem freien Markt verfügbar.
Bloss: wer will schon sowas?

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